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Übertragende Sanierung – so funktioniert sie

Ist ein Unternehmen illiquide, klopfen die Gläubiger meist schnell an die Tür und fordern mit Nachdruck ihr Geld ein. Langwierige Geschäftsbeziehungen werden auf die Probe gestellt und auch eine möglicherweise erst für in einigen Jahren avisierte Unternehmensnachfolge leidet unter dem Vertrauensverlust. In solchen Situationen denkt ein übergabewilliger Unternehmer regelmäßig daran, weitere private Mittel zur Rettung des Unternehmens nachzuschießen und das Unternehmen so für die geplante Nachfolge zu stabilisieren. Oft kommen so schnell erhebliche Mittel zusammen, die im Insolvenzfall kompensationslos verloren wären.

Wenn das zu übergebende Unternehmen in finanzielle Schwierigkeiten gerät, kann sich im Einzelfall aber auch anbieten, keine zusätzlichen Mittel mehr zur Rettung nachzuschießen. Unter Umständen ist es sinnvoller, diese Mittel für einen Erwerb des Betriebes aus der Insolvenz durch den Nachfolger aufzuwenden und dadurch die „Altlasten“ zu beseitigen. Denn durch eine ehrliche Kommunikation mit den Beteiligten, eine stringente Planung und eine übertragende Sanierung kann ein „Neustart“ des Nachfolgers oftmals besser glücken als auf verbranntem Boden.

Wie eine übertragende Sanierung abläuft und welche Vor- und Nachteile sie bietet, soll der nahfolgende Beitrag skizzieren.

  1. Was ist eine übertragende Sanierung?
  2. Wie läuft eine solche Sanierung ab?
  3. Wer darf eine übertragende Sanierung durchführen?
  4. Was passiert mit den Arbeitnehmern?
  5. Welche Vor- und Nachteile hat eine übertragende Sanierung?
  6. Fazit

 

  1. Was ist eine übertragende Sanierung?

Kurz: Bei einer übertragenden Sanierung werden die Vermögensgegenstände eines Unternehmens im Rahmen eines Insolvenzverfahrens ganz oder in Teilen verkauft. Eine übertragende Sanierung dient somit in erster Linie der Befriedigung der Gläubiger im Insolvenzverfahren. Für den Erwerber des Betriebs hat sie jedoch den Vorteil, dass er das Unternehmen mit einem neuen Rechtsträger ohne die alten Verbindlichkeiten fortführen kann. Das Unternehmen erhält somit eine zweite Chance.

Im Einzelnen:

Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, ernennt das zuständige Gericht meist einen Insolvenzverwalter. Dieser ermittelt, wie es um das Vermögen des Unternehmens („Insolvenzmasse“) bestellt ist und versucht, die Gläubiger des zahlungsunfähigen Unternehmens zu befriedigen (§ 1 InsO). Hierzu stehen ihm verschiedene Mittel zur Verfügung. Gelegentlich versucht der Insolvenzverwalter, das insolvente Unternehmen zu sanieren und neu zu organisieren, um wieder eine gewinnbringende wirtschaftliche Tätigkeit zu ermöglichen. Möglich ist jedoch auch, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchzuführen. Die Geschäftsführung des zahlungsunfähigen Unternehmens bleibt insoweit am Ruder, ist jedoch nunmehr in erster Linie den Interessen der Gläubiger verpflichtet. In diesen Fällen sind Sanierungsbemühungen deutlich häufiger.

Unter Umständen ist die bloße Reorganisation des Unternehmens (sog. operative Restrukturierung) aber nicht vielversprechend oder sogar aussichtslos. So etwa, wenn die Krise eines eigentlich gesunden Unternehmens durch ein exogenes Event verursacht wurde und die Finanzierung auf den Kopf stellt, wodurch die Eigenkapitalquote sinkt und Finanzierungskosten steigen. Dann kann eine sog. finanzielle Restrukturierung die Finanzierung neu ordnen und das Unternehmen selbst wieder wettbewerbsfähig machen.

Die finanzielle Restrukturierung besteht aus Gesprächen mit den Finanzierungsparteien, in denen diesen die Lage des Unternehmens vermittelt und ein Lösungsvorschlag unterbreitet wird. Oftmals kommt es hierbei zu einem sog. „Haircut“. Hierunter versteht man einen Abschlag auf den Wert einer Forderung, ausgedrückt in Prozent. Schuldet das Unternehmen der A-Bank AG z.B. 1 MEUR, erhält jedoch einen Haircut von 20 %, wird es fortan behandelt, als belaufe sich die Forderung auf lediglich 0,8 MEUR. Außerhalb eines StaRUG- oder Insolvenzverfahrens bedarf es hierzu aber stets einer Zustimmung sämtlicher betroffenen Gläubiger.

Ein besonders schlagkräftiges Mittel ist dann die „übertragende Sanierung“. Hinter ihr steckt folgender Gedanke: Auch wenn das Unternehmen ohne weitere Kapitalzuführung materiell insolvent ist, können einzelne Unternehmensteile, Vermögensgegenstände oder das Geschäftsmodell einen erheblichen Wert haben. Durch den Verkauf des Betriebes im Ganzen kann dann mehr Geld als bei der bloßen Zerschlagung erzielt werden und die Gläubiger des Unternehmens erhalten eine höhere Befriedigungsquote als bei der gewöhnlichen Liquidation.

  1. Wie läuft eine solche Sanierung ab?

Die übertragende Sanierung ist grundsätzlich erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich. Technisch wird hierzu der Betrieb oder Betriebsteil von seinem ursprünglichen Rechtsträger (z.B. der GmbH) abgespalten und auf einen neuen Rechtsträger (z.B. GmbH) übertragen und fortgeführt, während die Verbindlichkeiten auf dem insolventen (alten) Rechtsträger verbleiben. Im Gegenzug zahlt der Erwerber einen Kaufpreis, der i.a.R. den Liquidationswert des Unternehmens übersteigt aber den tatsächlichen Wert des Unternehmens vor der Insolvenz nicht erreichen wird.

Der Unternehmenskauf kann hierbei grundsätzlich durch einen „Asset Deal“ oder „Share Deal“ erfolgen, wobei der Share-Deal nur in wenigen Fällen Sinn macht:

  • Bei einem Asset Deal werden die einzelnen Gegenstände des Unternehmens bzw. eines Unternehmensteils verkauft und auf den Käufer übertragen. So geht beispielsweise jedes Grundstück und jede Maschine einzeln in das Eigentum des Käufers über. Die Veräußerung von Sachvermögen in Form des Asset-Deals wird außerdem meist durch die Veräußerung immateriellen Vermögens (z.B. Kundenlisten und Marken) begleitet. Die Schulden und Verträge des Unternehmens verbleiben hingegen beim insolventen Verkäufer. Ein Asset-Deal ist bei einer übertragenden Sanierung der Normalfall.
  • Der Share-Deal kommt hingegen durch den Erwerb der Geschäftsanteile des insolventen Unternehmens zu Stande. Auf diesem Weg wird jedoch nicht nur das Vermögen des Unternehmens, sondern auch dessen Schulden erworben. Der Share-Deal ist bei einer übertragenden Sanierung daher nur selten Mittel der Wahl.

Der erzielte Kaufpreis geht an den Insolvenzverwalter, bzw. die von ihm verwaltete Insolvenzmasse. Dieser ist dabei gehalten, den bestmöglichen Erlös zu erzielen, um damit die Gläubiger des Unternehmens so gut er eben kann zu befriedigen. Insoweit muss eines klar sein: Ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und auch eine übertragene Sanierung sind kein Freibrief, mit dem ein Unternehmer sich umsonst seiner Verbindlichkeiten entledigen kann. Erforderlich ist stets frisches Kapital („fresh money“), denn anderenfalls ist das Vorhaben zum Scheitern verurteilt.

  1. Wer darf eine übertragende Sanierung durchführen?

Die übertragende Sanierung erfolgt durch den Insolvenzverwalter oder bei Eigenverwaltung durch die Geschäftsführung des Unternehmens.

Aber Achtung: Eine übertragende Sanierung ist nur möglich, wenn die Gläubiger des Unternehmens dem Verkauf zustimmen (§ 160 InsO). Denn bei einem unwirtschaftlichen Unternehmensverkauf tragen gerade diese letztendlich die Verluste und müssen weiter auf ihr Geld warten. Die Zustimmung erfolgt durch den „Gläubigerausschuss“ oder die „Gläubigerversammlung“. Die Gläubigerversammlung ist aber mangels Teilnahme der Gläubiger oft nicht beschlussfähig (§ 76 InsO). Dann gilt die Zustimmung auch ohne Erklärung der Gläubiger als erteilt (§ 160 Abs. 1 S. 3 InsO). Nur in wenigen Fällen müssen die Gläubiger ausdrücklich zustimmen (vgl. §§ 162, 163 InsO).

  1. Was passiert mit den Arbeitnehmern?

Die Arbeitnehmer des verkauften Unternehmensteils gehen bei einem Asset Deal mit ihrem Betrieb auf den Käufer über. Dies ist gesetzlich angeordnet (§ 613a BGB). Der Käufer tritt somit als neuer Inhaber in Rechte und Pflichten des alten Arbeitgebers ein und muss die Arbeitnehmer über den Wechsel informieren (§ 613a Abs. 5 BGB).

Eine Kündigung wegen des Übergangs ist grundsätzlich nicht möglich (§ 613 Abs. 4 BGB). Dennoch: Ganz ausgeschlossen sind Betriebsbedingte Kündigungen vor oder nach dem Verkauf nicht.

Den Arbeitnehmern selbst steht ein Widerspruchsrecht zu. Üben sie dieses aus, bleiben sie bei ihrem alten Arbeitgeber (§ 613a Abs. 6 BGB). Steht das Unternehmen kurz vor der Abwicklung, macht der Widerspruch aber natürlich keinen Sinn.

Bei einem Share Deal erwirbt der Käufer ohnehin das Unternehmen selbst, sodass er ebenfalls Arbeitgeber der dort beschäftigten Arbeitnehmer wird.

  1. Welche Vor- und Nachteile hat eine übertragende Sanierung?

Die Wahl zwischen der weiteren finanziellen Unterstützung des Unternehmens, eine übertragende Sanierung oder anderen Alternativszenarien fällt oft schwer. Es ist daher wichtig, sich die Vor- und Nachteile der übertragenden Sanierung klarzumachen und diese im Einzelfall gegeneinander abzuwägen.

Insbesondere folgende Vorteile sprechen für eine übertragende Sanierung:

  • Die übertragende Sanierung ist kein Unternehmenskauf unter normalen Bedingungen. Insbesondere der Insolvenzverwalter ist an einem zügigen Verkauf interessiert, wodurch der Kaufpreis daher oft unter dem eigentlichen Wert des Unternehmens und den für eine operative Sanierung notwendigem zusätzlichen Cash-Flow Bedarf liegen wird.
  • Die übertragende Sanierung benötigt oft wenig Zeit. Der Prozess kann daher in vielen Fällen innerhalb weniger Monaten abgeschlossen werden. Eine operative Restrukturierung ist hingegen ein langwieriger und teilweise auch kapitalintensiver Vorgang.
  • Werden gesunde Unternehmensteile durch einen Verkauf „gerettet“, können Arbeitsplätze gesichert werden. Dies ist nicht nur im Sinne der Arbeitnehmer, sondern erspart dem Unternehmen auch Kündigungsschutzprozesse und Abfindungszahlungen.
  • Verbindlichkeiten gehen bei einer übertragenden Sanierung grundsätzlich nicht auf den Käufer über. Der Betrieb oder die rentablen Betriebsteile können so von Altschulden befreit werden und einen „Neustart“ wagen. Das gilt grundsätzlich selbst dann, wenn die Firma (also der Name) fortgeführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 11.04.1988, Az. II ZR 313/87).
  • Auch Arbeitnehmerverhältnisse folgen dem Betrieb (§ 613a BGB).

Aber auch einige Nachteile sollten bei der übertragenden Sanierung bedacht werden:

  • Sobald ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Unternehmens eröffnet wird, können Wettbewerber in (Bieter-)Konkurrenz treten. Ist daher bereits absehbar, dass ein Mitbewerber Interesse an dem Betrieb hat, sollten die notwendigen finanziellen Mittel für das Höchstgebot bereitstehen. Schließlich ist der Insolvenzverwalter bei dem Verkauf allein den Gläubigern des Unternehmens und nicht dem Interesse des ehemaligen Gesellschafters verpflichtet.
  • Die Mitwirkung der Gläubiger kann in Einzelfällen zu Problem führen. Insoweit kann sich ein sog. StaRUG- oder ein sog. Insolvenzplanverfahren anbieten, in denen dissentierende Gläubigergruppen u.U. überstimmt werden können. Welches Vorgehen sinnvoll ist, bedarf jedoch stets der Abwägung im Einzelfall.
  • Es gibt einige gesetzliche Haftungsregeln, die der Käufer des Unternehmens beachten muss. So ist der Erwerber eines Grundstücks beispielsweise weiterhin für bereits verursachte schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verantwortlich (§ 4 Abs. 3 BBodSchG). Ein vollkommener Neustart ist dann oft nicht möglich.
  • Sobald ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, wird der Insolvenzverwalter die Krise und das Fehlverhalten der Beteiligten aufarbeiten und – wenn nötig – Maßnahmen einleiten, um den Schaden für die Gläubiger zu verringern. Die entsprechenden Risiken sollten lieber zu früh als zu spät identifiziert, minimiert und bei der Abwägung der Handlungsalternativen berücksichtigt werden.

Ob eine übertragende Sanierung sinnvoll ist, muss somit im Einzelfall entschieden werden. Die Beratung eines spezialisierten Beraters wird meist unumgänglich sein, um Vor- und Nachteile angemessen erfassen und abwägen zu können.

 

  1. Fazit
  • Bei einer übertragenden Sanierung werden Unternehmensteile aus einem Insolvenzverfahren erworben. Mit dem Verkaufserlös werden die Gläubiger des insolventen Unternehmens (teilweise) befriedigt.
  • Die übertragende Sanierung wird meist durch Verkauf des Unternehmensvermögens („asset deal“) durchgeführt.
  • Gläubigerausschuss oder -versammlung müssen grundsätzlich zustimmen.
  • Mit einem Betriebsteil gehen auch die dort beschäftigten Arbeitnehmer auf den Erwerber über.
  • Der Käufer steht hingegen nicht für die Schulden des insolventen Unternehmens ein.
  • Insgesamt kann eine übertragene Sanierung bei Unternehmen in der Krise dadurch im Einzelfall ein geeigneter Weg zur Unternehmensnachfolge darstellen. Insbesondere, wenn das Unternehmen weitere finanzielle Unterstützung benötigt, sollten Chancen und Risiken konkret abgewogen werden.

 

 

Ein Überblick über die Unternehmensbewertung

Im Rahmen der Unternehmensnachfolge stellt sich stets die Frage: Wie viel ist das Unternehmen wert? Wir erklären die Grundzüge der gängigen Methoden, mit denen sich der Unternehmenswert ermitteln lässt. Im Fokus steht dabei allein die Wertermittlung zu marktwirtschaftlichen Zwecken. Die Bewertung im steuerlichen Zusammenhang folgt strengeren juristischen Vorgaben, die hier keine Berücksichtigung finden.

Warum Unternehmensbewertung kompliziert ist

Soll ein Gegenstand verkauft werden, muss ein Preis her. Auf welche Summe die Vertragsparteien sich einigen, hängt meist von der Einschätzung des Werts der Sache ab. Diesen zu bestimmen, ist nicht leicht. Das gilt ganz besonders für den Wert von Unternehmen. Sie sind komplexe Gebilde, deren Wert sich aus einzelnen Gegenständen und künftigen Erfolgen herleiten lässt.
Die Betriebswirtschaftslehre hat in der Vergangenheit zahlreiche Verfahren entwickelt, um den Wert eines Unternehmens zu bestimmen. Allerdings führt keine dieser Methoden zum „objektiv richtigen“ Unternehmenswert. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung hat vielmehr gezeigt, dass es diesen nicht gibt. Wert hat stets (auch) subjektive Komponenten. Insofern ist der Unternehmenswert abhängig vom Verfahren, das zur Anwendung kommt, und den subjektiven Einschätzungen des Bewerters.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) empfiehlt in seinen Grundsätzen zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (IDW S1) das sog. Ertragswertverfahren oder die Discounted-Cash-Flow-Methode. Daher beschränkt sich unser Beitrag auf diese Methoden.

Das Ertragswertverfahren

Dem Ertragswertverfahren liegt folgender Gedanke zugrunde: Der Käufer eines Unternehmens macht die Höhe seiner Investition davon abhängig, welche Gewinne er mit dem Unternehmen künftig erzielen wird. Dafür ist weniger von Bedeutung, aus welchen Gegenständen (Maschinen, Gebäuden etc.) sich das Unternehmen zusammensetzt; vielmehr kommt es darauf an, wann so viele Gewinne erwirtschaftet wurden, dass seine Investition sich ausgezahlt hat.
Vereinfacht gesagt, bestimmt sich der Unternehmenswert deshalb nach dem Wert, den die künftigen Gewinne heute haben. Man geht grob wie folgt vor:
    1. Es werdendie künftig zu erwartenden Gewinne der kommenden Jahre ermittelt. Als Ausgangspunktstützt man sich zu diesem Zweck auf das durchschnittliche Betriebsergebnis der letzten drei bis fünf Geschäftsjahre. Zuvor werden die jeweiligen Betriebsergebnisse um außergewöhnliche Effekte bereinigt.
    2. Anschließend ist der sog. Kapitalisierungszinsfuß zu bestimmen. Dieser bildet das Risiko für den Investor ab und diskontiert die künftigen Erträge. Er setzt sich zusammen aus dem Zins einer risikoarmen Anlage (Referenzgröße sind meist langfristige Bundesanleihen) und dem unternehmensindividuellen Risikoaufschlag. Je nach Größe und Risikoveranlagung eines Unternehmens sind hier Werte von 2% bis 20% denkbar.
    3. Im dritten Schritt wird der zu erwartende jährliche Ertrag durch den Kapitalisierungszinsfuß dividiert.
Das Ergebnis entspricht dem Barwert der zukünftigen Erträge.
Vorteil dieser Methode ist die leichte Handhabung. Allerdings sind die Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig: Zum einen lässt sich aus den Betriebsergebnissen der Vorjahre nur sehr eingeschränkt auf die künftigen Ergebnisse schließen. Zum anderen hängt die Wahl des Kapitalisierungszinsfußes stark von subjektiven Erwägungen ab.

Die Discounted-Cash-Flow-Methode

Die in den USA entwickelte Discounted-Cash-Flow-Methode ist mittlerweile auch in Europa etabliert. Sie stellt in erster Linie auf die Entwicklung der frei verfügbaren Zahlungsmittel ab – und nicht auf Gewinngrößen wie das Ertragswertverfahren. Der Unternehmenswert richtet sich also danach, wie viel Liquidität dem Unternehmen zur Verfügung steht, die letztlich ausgeschüttet werden kann.
Man geht – stark vereinfacht – wie folgt vor:
    • Zunächst ist der Free Cash Flow der nächsten fünf bis zehn Jahre zu ermitteln. Diese Größe gibt wieder, welche Zahlungsmittel dem Unternehmen in der jeweiligen Periode zufließen. Ausgangspunkt für die Berechnung ist das EBIT (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) des Unternehmens. Von diesem werden zunächst die Unternehmenssteuern abgezogen. Anschließend werden zahlungsunwirksame Erfolgsbeiträge herausgerechnet. Dies sind insbesondere Abschreibungen bzw. Zuschreibungen sowie die Bildung bzw. Auflösung von langfristigen Rückstellungen. So ergibt sich der Brutto Cash Flow, der zwar die zugeflossenen Zahlungsmittel wiedergibt, allerdings noch nicht den Abfluss für Anlageinvestitionen und Erhöhungen/Minderung des Working Capitals, u.a. des Lagerbestands,berücksichtigt. Diese Beträge sind im nächsten Schritt abzuziehen. Daraus folgt der Free Cash Flow, also der Betrag, den das Unternehmen aus eigener Kraft an die Kapitalgeber auszahlen könnte.
    • Wie erwähnt, reicht der Planungshorizont meist nicht weiter als fünf Jahre. Das Unternehmen wird aber auch nach diesem Zeitraum existieren und voraussichtlich Gewinne erwirtschaften. Um dies in die Wertermittlung einzupreisen, wird unterstellt, dass der letzte Free Cash Flow des letzten Planjahres sich in sämtlichen Folgejahren fortsetzt. So wird der Wert einer ewigen Rente bis zu 30 Jahen ermittelt, der in den Unternehmenswert einfließt. In diesem Zusammenhang lässt sich auch eine Wachstumsrate und ein Insolvenzrisiko berücksichtigen.
    • Der Free Cash Flow des Planungszeitraums sowie der Wert der ewigen Rente sind abzuzinsen. Um den Kalkulationszinsfuß zu errechnen, wird meist auf die durchschnittlichen Kapitalkosten des Unternehmens abgestellt (WACC – Weighted Average Cost of Capital). Maßgeblich sind also die Verzinsungserwartungen der Fremdkapitalgeber und die Ausschüttungserwartungen der Eigenkapitalgeber. Letztere werden rechnerisch erneut mit einem Zinssatz berücksichtigt, der sich aus der Addition einer risikofreien Alternativanlage und einem unternehmensspezifischen Risikoaufschlag ergibt. Bei den Fremdkapitalkosten ist zu berücksichtigen, dass sich diese steuermindernd auswirken.
    • Anschließend sind noch die zinstragenden Verbindlichkeiten des Unternehmens in Abzug zu bringen.
Nachteil dieser Methode ist erneut, dass die Ermittlung des richtigen Zinsfußes und die Gewinnplanung von subjektiven Erwägungen abhängt. Der Vorteil gegenüber dem Ertragswertverfahren liegt darin, dass auf  verfügbare Zahlungsmittel abgestellt wird – und nicht allein auf die erzielbaren Ertragsgrößen.
Sofern Sie Fragen zur Unternehmensbewertung haben, hilft Ihnen Klaus Kunz gerne weiter. Herr Kunz ist M&-A – Berater und Partner der con|cess M&A – Partner GmbH. Darüber hinaus ist er geprüfter Unternehmensbewerter nach dem Standard der IACVA (International Association of Consultants, Valuators und Analysts).

Markenschutz – Vorteile erkennen und gewinnbringend nutzen

Menschen assoziieren. Machen sie gute Erfahrungen mit einem Produkt oder einer Dienstleistung, bleibt dies in Erinnerung. Mit einer Marke nutzen Sie diesen Effekt für sich aus. Eine Unternehmensnachfolge ist ein guter Zeitpunkt, um über Ihren Markenschutz nachzudenken. Wir erklären, wie Sie vorgehen:
  1. Was zeichnet eine Marke aus?
  2. Wie wird eine Marke übertragen?
  3. Welche Vorteile bringt eine Marke im Rahmen der Nachfolge?
    a) Vorteile für den Verkäufer eines Unternehmens
    b) Vorteile für den Erwerber eines Unternehmens
  4. Wie erlangt man Markenschutz?
  5. Welche Möglichkeiten bestehen bei einer Markenrechtsverletzung?
  6. Fazit

1. Was zeichnet eine Marke aus?

Eine Marke ist ein Kennzeichen, das Produkte und Dienstleistungen einem bestimmten Unternehmen zuordnet und von denen eines anderen Unternehmens unterscheidet. Mit Markeneintragung entsteht das „Recht am Kennzeichen“. Es befugt allein den Inhaber, die Marke zu benutzen, andere von deren Nutzung auszuschließen oder Dritte mittels Lizenz zur Benutzung der Marke zu berechtigen. Schutzfähig sind:
      • Wörter, Namen, Slogans, Buchstaben, Zahlen (Wortmarke, z.B. „BMW“, „Persil“) und Abbildungen (Bildmarke, z.B. Logos) sowie eine Kombination von beiden (Wort-Bildmarke)
      • Farben und Farbzusammenstellungen (Farbmarke, z.B. Milka-Lila)
      • Klänge (Hörmarke, z.B. Jingle)
      • Positionen (Positionsmarke, z.B. Knopf im Ohr bei Steiff-Tieren)
      • 3D-Gestaltungen (Formmarke, z.B. Cola-Flasche)
Neben der Sicherung des alleinigen Nutzungsrechts hat die Marke weitere Funktionen:
      • Die Marke ist einem bestimmten Inhaber zugeordnet und gibt damit beispielsweise an, von welchem Unternehmen ein Produkt oder eine Dienstleistung stammt (Herkunftsfunktion).
      • Die Marke ist ein Kommunikationsmittel. Der Anbieter kann durch sie Informationen zum Produkt oder der Dienstleistung sowie Werbebotschaften transportieren (Kommunikations- und Werbefunktion).
      • Der Anbieter kann die Marke mit einem Qualitätsversprechen ausfüllen (Qualitätsfunktion).
      • Die Investition in eine Marke lohnt, denn mit einer gut eingeführten Marke können Sie sich von Wettbewerbern absetzen (Investitionsfunktion).

2. Wie wird eine Marke übertragen?

Markenrechte sind Wirtschaftsgüter und können ähnlich wie das Eigentum an einer Sache vertraglich oder kraft Gesetzes übertragen werden (§ 27 MarkenG). Ein Blick in das Markenregister gibt nicht automatisch Aufschluss über den richtigen Inhaber oder das Bestehen einer Marke. Der Weiterverkauf einer Marke ist nicht eintragungspflichtig und eine löschungsreife Marke wird nicht automatisch aus dem Register gestrichen. Sie sollten daher Einsicht in bisherige Lizenz- und Kaufverträge des in Frage stehenden Unternehmens nehmen, wenn eine Unternehmensnachfolge im Raum steht. Das Unternehmen und eingetragene Marken sind zudem nicht miteinander verschmolzen, sondern können getrennt voneinander übertragen werden. Ein automatischer Übergang ist nicht gegeben. Es gehen daher grundsätzlich nur die Markenrechte mit über, die auch Gegenstand des Unternehmenskaufvertrages sind.

3. Welche Vorteile bringt eine Marke im Rahmen der Nachfolge?

Bei der Unternehmensnachfolge kann ein guter Ruf fortgeführt oder ein Unternehmens- und Imagewandel angestrebt werden. Die Marke kann Ihnen dabei helfen, Ihr Unternehmensziel gewinnbringend durchzusetzen, neue Abnehmer zu akquirieren oder alte weiterhin zu binden und das Vertrauen in die neue Unternehmensführung zu stärken.

a. Vorteile für den Verkäufer eines Unternehmens

Der Unternehmenswert bestimmt sich unter anderem durch den Markenwert. Haben Sie Ihre Marke nicht geschützt, lassen Sie wirtschaftliches Potential liegen, das den Verkaufspreis weiter steigern könnte. Sie können als Markeninhaber auch Lizenzen vergeben, die den Lizenznehmer berechtigen, Ihre Marke zu nutzen (z.B. im Rahmen eines Franchisevertrages) und von Ihrem guten Image zu profitieren. Diese können Sie zeitlich, inhaltlich oder auch räumlich auf ein bestimmtes Gebiet beschränken. Weiterhin können Sie eine Markenlizenz auf bestimmte Produkte beschränken, z.B. um Ihr eigenes Produktportfolio zu ergänzen.
Zur Berechnung des Markenwertes wird häufig eine hypothetische Lizenzgebühr herangezogen. Je höher die Reputation der Bekanntheitsgrad einer Marke, desto höher die Lizenzgebühr, die Sie verlangen können, und damit desto höher der Markenwert.
Firmennamen sind regelmäßig bereits durch ihre bloße Benutzung als Unternehmenskennzeichen geschützt, wenn sie originäre Kennzeichnungskraft oder Verkehrsgeltung besitzen (§ 5 MarkenG). Verkehrsgeltung bedeutet, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Geschäftsbezeichnung kennt und als Hinweis auf das Geschäft ansieht. Ihren Firmennamen können Sie nicht zusätzlich als Marke schützen. Gerade deshalb ist der Schutz Ihrer Produkte und/oder Dienstleistungen durch eingetragene Marken so wichtig. Zum einen gibt Ihnen der Markenschutz regelmäßig einen Schutz für ganz Deutschland und nicht nur für den regionalen Bereich, zum anderen können Sie bei einem Rechtsstreit bequem auf das Markenregister verweisen und müssen nicht nachweisen, dass Verkehrsgeltung vorliegt. Gerade für letzteres sind aufwendige Umfragen notwendig, die eventuell schwer zu erbringen sind. 

b.     Vorteile für den Erwerber eines Unternehmens

Auch dem Erwerber eines Unternehmens bringt eine eingetragene Marke Vorteile. Eine etablierte Marke spart Investitionen. Sie ist sofort nutzbar und leistet gute Dienste bei der Fortführung der Geschäfte (Stichwort „Kontinuität“), aber auch beim Anbieten neuer Produkte (Stichwort „bewährte Marke“). Dies stärkt Ihre Marktposition. Umgekehrt kann Ihnen eine Erneuerung und Überarbeitung einer bestehenden Marke im Rahmen eines „Rebranding“ dabei helfen, sich neu zu positionieren, andere Märkte zu erschließen und einen Unternehmenswandel zu kommunizieren.

4. Wie erlangt man Markenschutz?

Um Markenschutz in Deutschland zu erlangen, ist in den meisten Fällen eine Anmeldung und Eintragung Ihrer Marke entweder beim Deutschen Patent- und Markenamt in München oder – für den gesamten EU-Raum – beim EUIPO in Alicante notwendig. Ihre Anmeldung muss neben den Angaben zum Anmelder die Marke exakt wiedergeben und außerdem klarstellen, für welche Klassen von Waren und/oder Dienstleistungen sie gelten soll. Nachdem Sie die Anmeldegebühr gezahlt haben, erfolgt eine Prüfung durch das Amt. Geprüft werden hierbei neben verschiedener Formalien die sogenannten absoluten Schutzhindernisse, d.h. es werden u.a. folgende Punkte geprüft:
      • Kann das beantragte Kennzeichen überhaupt als Marke geschützt werden?
      • Haben Sie alle Formalitäten der Anmeldung erfüllt?
      • Ist die Marke unterscheidbar oder wäre sie völlig austauschbar?
      • Ist die Marke nur eine Beschreibung des Produkts oder der Dienstleistung und kann daher mangels Freihaltebedürfnis nicht geschützt werden?
      • Hat die Marke irreführenden oder täuschenden Charakter?
      • Liegt ein Verstoß gegen gute Sitten oder andere Vorschriften vor?
Werden diese Hürden überwunden, wird Ihre Marke im Register eingetragen. Die Schutzdauer einer eingetragenen Marke beläuft sich zunächst auf 10 Jahre, kann aber immer wieder um weitere 10 Jahre verlängert werden. Nach der erstmaligen Eintragung Ihrer Marke im Register haben Dritte die Möglichkeit, innerhalb einer Dreimonatsfrist Widerspruch einzulegen oder auch später ein Löschungsverfahren einzuleiten, wenn eine Kollision mit ihren Markenrechten vorliegt. Es gilt der sogenannte Prioritätsgrundsatz, wonach ältere Rechte Vorrang genießen. Das Markenamt prüft nämlich nicht, ob Ihrem Kennzeichen bereits bestehende Marken entgegenstehen. Wenn es zwischen Ihrer Marke und einer bereits bestehenden, prioritätsälteren Marke zu Verwechslungen kommen kann oder der Ruf einer älteren bekannten Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird, liegt ein sogenanntes relatives Schutzhindernis vor. Aus diesem Grund sollten Sie vor der Markenanmeldung eine Recherche zu bereits bestehenden Marken durchführen, die solche Kollisionen verhindert. Wenngleich Sie die Anmeldung einer Marke selbst vornehmen können, gibt es viele Fehlerquellen. Deshalb macht die Hinzuziehung eines erfahrenen Rechtsanwalts oder Patentanwalts Sinn.

5. Welche Möglichkeiten bestehen bei einer Markenverletzung?

Bei einer Markenverletzung durch Dritte haben Sie einen Anspruch auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz sowie auf den Rückruf und die Vernichtung der markenverletzenden Ware (§§ 14 ff. MarkenG). Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, die Markenverletzung durch Dritte zu beenden, zukünftige Verletzungen zu unterbinden oder eine Schadensersatzzahlung für die vergangene Verletzung zu erhalten (z.B. eine Ersetzung Ihres entgangenen Gewinns oder eine hypothetische Lizenzgebühr).

6. Fazit

  • Eine Marke ist ein Kennzeichen, das der Identifizierung und Unterscheidung von Produkten und Dienstleistungen von Unternehmen dient. Die Markeneintragung gibt Ihnen das ausschließliche Recht zur Nutzung und wirtschaftlichen Verwertung.
  • Eine Markenübertragung erfolgt durch Vertrag oder kraft Gesetzes.
  • Als Markeninhaber können Sie den Unternehmenswert steigern und durch Lizenzvergabe Einnahmequellen schaffen. Sie können Sie von Ihren Wettbewerbern absetzen.
  • Markenschutz wird meist durch Anmeldung und Eintragung erreicht.
  • Bei einer Markenverletzung steht Ihnen als Markeninhaber u.a. ein Unterlassungs- und Schadensersatz zu.

Bernd Friedrich und Lars Ahlbory im Dialog mit der TAIFUN Software AG

Unser Mitglied und Vorstandsvorsitzender Lars Ahlbory wurde gemeinsam mit dem Nachfolgeexperten Dipl.-Wirtsch.-Ing. Bernd Friedrich zu steuerlichen Fallstricken bei der Unternehmensnachfolge interviewt. Der nachfolgende Dialog stammt von der Seite der TAIFUN Software AG. Die TAIFUN Software AG gehört im Zukunftsmarkt Digitalisierung zu der Speerspitze. Seit über 30 Jahren entwickeln sie erfolgreich kaufmännische Software (ERP SoftwareDMS SoftwareE-Mail ArchivierungssoftwareHandwerkersoftwareHandwerker App u.v.m.) für Handwerk und Handel. Der hohe technische Stand, die sichere und zuverlässige Funktion der Produkte und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sind das Ergebnis langjähriger Erfahrung sowie einer kontinuierlichen und intensiven Entwicklungsarbeit. Qualität in Verbindung mit einem herausragenden Preis-Leistungs-Verhältnis ist eines der wichtigsten Ziele der TAIFUN Software AG.

Wir freuen uns daher in besonderem Maße, dass sich die TAIFUN Software AG für unsere Arbeit interessiert.

Bernd Friedrich: Bei jedem Workshop, den ich zum Thema „Nachfolge“ seit Jahren vor Unternehmern / Unternehmerinnen halte, stelle ich fest, dass fast alle Teilnehmer / Teilnehmerinnen einen wesentlichen Fokus auf die persönlichen und unternehmerischen steuerlichen Auswirkungen legen. Warum ist das so?

Lars Ahlbory: Dies liegt daran, dass bei der Unternehmensnachfolge Aspekte im Hinblick auf steuerrechtliche Belastungen besondere Beachtung finden müssen. Je nach Art der Übertragung des Unternehmens oder der Rechtsform unterscheiden sich die steuerlichen Konsequenzen. Diese im Vorhinein nicht zu kennen kann zur Folge haben, dass unerwartet hohe Geldbeträge an das Finanzamt abgeführt werden müssen.

Herr Friedrich, Sie dürfen als Unternehmensberater keine steuerliche Beratungsleistung für die Unternehmer vornehmen. Welchen pragmatischen Tipp geben Sie den Unternehmern / Unternehmerinnen im Zuge der steuerlichen Aspekte mit auf den Weg?

Bernd Friedrich: Die Steuerberater / Steuerberaterinnen sind in der Regel langjährige Begleiter / Begleiterinnen im Leben „des Unternehmens“. Das bedeutet, es besteht ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer / Unternehmerin und Steuerberater / Steuerberaterin. Wie Sie oben bereits erwähnt haben, ist es zwingend notwendig, dass diese Expertise mit eingebunden wird.

Zur Durchführung eines qualitätsgesicherten und professionellen Ablaufs muss klar sein, ob der Steuerberater / die Steuerberaterin die fachliche Kompetenz sowie Erfahrung auf diesem Gebiet besitzt. Falls diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, empfehle ich einen Experten / eine Expertin aufzusuchen. Die unentgeltliche Übertragung des Betriebes innerhalb der Familie oder an fremde Dritte ist ein bemerkenswerter und in der Regel einmaliger Prozess im Leben eines Unternehmers / einer Unternehmerin, was sowohl erhebliche steuerliche, als auch finanzielle Auswirkungen mit sich bringt.

Herr Ahlbory, können Sie bitte die wesentlichen steuerlichen Fallstricke bei der unentgeltlichen Übertragung des Betriebs innerhalb der Familie kurz aufzeigen? Vielleicht haben Sie auch ein Beispiel aus Ihrer Praxis?

Lars Ahlbory: Bei dieser Art der Weitergabe muss zunächst zwischen einer lebzeitigen und einer testamentarischen Übertragung unterschieden werden. Der Vorteil einer Übertragung zu Lebzeiten liegt darin, dass eine mehrmalige Ausnutzung der Steuerfreibeträge* möglich ist. Zusätzlich kommen Pflichtteilsreduzierungen* in Betracht.

*Steuerfreibeträge: Festgelegter Betrag, bis zu dem der Steuerpflichtige seine Einnahmen nicht versteuern muss 

*Pflichtteilsreduzierungen: Gewissen Personengruppen steht im Erbfall (unabhängig von dem im Testament niedergelegten Willen) ein Pflichtteil zu, geregelt durch das Pflichtteilsrecht

Bei der testamentarischen Übertragung sollten vorsorglich bereits vor dem Erbfall Vollmachten auf Privat- und Unternehmensebene gefertigt werden. Das Testament sollte gut durchdacht sein. Außerdem müssen erbrechtliche Gestaltungen im Einklang mit gesellschaftsvertraglichen Regelungen stehen. Wenn sich der Gesellschaftsvertrag und das Testament widersprechen, floppt die Unternehmensnachfolge. Ein Problem äußert sich hierbei insbesondere in dem Ungleichgewicht zwischen dem Erwerber des Unternehmens und anderen Pflichtteilsberechtigen in der Familie. Zum Ausgleich können im Nachhinein Zahlungen durch den Erwerber erfolgen. Dies muss zur Absicherung des eigenen Vermögens bereits frühzeitig bedacht werden. Im Idealfall verzichten Ehegatten und Geschwister auf ihren Pflichtteil. Ansonsten kommt die gesetzliche Abschmelzungsregelung* (10-Jahresfrist) in Betracht. Hier zeigt sich deutlich der Vorteil der lebzeitigen Übertragung, weil hier Pflichtteilsansprüche reduziert oder gar vermieden werden können.

*Abschmelzungsregelung: Schenkungen, welche zu Lebzeiten erfolgten, werden innerhalb jedes weiteren Jahres um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt bzw. dem Nachlass angerechnet

Der Wert der Bereicherung, also alles was beim Erwerber ankommt, wird durch die Erbschaftssteuer belastet. Je nach Beziehungsgrad in der Familie werden alle 10 Jahre unterschiedliche Freibeträge gewährt und verschiedene Steuerklassen für die Besteuerung angesetzt.

Von der Unternehmensverschonung kann ebenfalls profitiert werden. Dabei gibt es einen Steuernachlass, wenn die Lohnsumme für fünf bis sieben Jahre konstant gehalten werden kann.

Praxisbeispiel: Nehmen wir an, dass ein Unternehmen im Wert von zwei Millionen Euro innerhalb der Familie verschenkt wird. Wird die Lohnsumme für insgesamt sieben Jahre konstant gehalten, so sollte die Optionsverschonung* ausgenutzt werden. Hierbei werden 100 % des begünstigten unternehmerischen Vermögens freigestellt. Fällt das Vermögen des Unternehmens geringer als eine Millionen Euro aus, lohnt sich wiederum die Regelverschonung* eher. Die Regelverschonung stellt 85 % des begünstigten Vermögens frei. Zusätzlich gibt es noch einen Freibetrag von 150.000 Euro. Der Wert des Vermögens wird durch den Abzugsbetrag in Verbindung mit dem persönlichen Freibetrag so weit gesenkt, dass die Schenkung im Ergebnis steuerfrei ist.

*Optionsverschonung: Vermögen wird in voller Höhe, also zu 100% steuerbefreit

*Regelverschonung: Vermögen wird in voller Höhe, also zu 100% steuerbefreit

Was haben Sie, Herr Friedrich, bei den Nachfolgeprojekten Ihrer Kunden erlebt, die ihren Steuerberatern / Steuerberaterinnen in den Prozess eingebunden haben?

Bernd Friedrich: Es gab Kunden, die mich nach einer Empfehlung befragt haben. In meiner Praxis habe ich auch erlebt, dass die Profis auf dem Gebiet der (betrieblichen) Steuerberatung Expertenkollegen / Expertenkolleginnen aus deren Netzwerk dazu gezogen haben. Zumeist kamen sie aus der eigenen Kanzlei. Das Zusammenspiel der vertrauten Kollegen untereinander hat sehr gut funktioniert. Und am Ende waren meine Kunden mit der gefundenen Lösung sehr zufrieden.

Herr Ahlbory, zur Vervollständigung der Möglichkeiten der Weitergabe von Unternehmen ist der Verkauf an fremde Dritte zu nennen. Worauf müssen Abgeber / Abgeberinnen hier besonders achten? Vielleicht können Sie hier ebenfalls ein Praxisbeispiel anfügen.

Lars Ahlbory: Bei der Übertragung des Unternehmens an Dritte könnte ein Interessenkonflikt entstehen. Dies liegt daran, dass für den Erwerber der sogenannte Asset Deal (Verkauf von Einzelwirtschaftsgütern) vorteilhaft sein kann, für den Veräußerer bietet sich jedoch im Gegensatz dazu der Share Deal (Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften) an. In diesem Punkt müssen beide Parteien vor Vertragsabschluss zu einer einvernehmlichen Lösung gelangen.

Bei der Besteuerung des Veräußerungsgewinns ist zu differenzieren, ob Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder an einer Personengesellschaft verkauft werden. Zusätzlich ist zu fragen, ob der Veräußerer die Anteile in seinem Betriebs- oder in seinem Privatvermögen hält. Wenn der Unternehmer zum Beispiel Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die er im Privatvermögen hält, veräußert, wird der Veräußerungsgewinn nach dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr.40 b iVm. § 3c II EstG versteuert. Hiernach sind 60 % der Veräußerungsgewinns mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Hält der Veräußerer die Anteile hingegen über eine Holding, so hat die Holding nur 5 % des Veräußerungsgewinnes zu versteuern. Will sich der Veräußerer dann von seiner Holding Gewinne ausschütten, hat er diese Gewinne entweder über das Teileinkünfteverfahren oder über die Kapitalertragssteuer mit 25 % zu versteuern.

Werden Anteile an einer Personengesellschaft veräußert, kann der Veräußerer in den Genuss der Fünftelregelung und einmal in seinem Leben in den Genuss des sog. „halben“ Steuersatzes kommen.

Der Veräußerungsgewinn wird nach der Fünftelregelung so behandelt, als würde ihn der Empfänger auf fünf Jahre verteilt erhalten. Eine einmalig hohe Steuerbelastung wird somit vermieden.

Der „halbe“ Steuersatz geht in Wirklichkeit von 56 % des durchschnittlichen Steuersatzes aus. Dieser ,,halbe‘‘ Steuersatz wird nur unter bestimmten Voraussetzungen gewährt. Der Steuerpflichtige muss gem. § 34 Abs. 3 EStG das 55. Lebensjahr vollendet haben oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauerhaft berufsunfähig sein.

Liegt der Gewinn unter 136.000 Euro, kann ein Freibetrag in Höhe von 45.000 Euro voll angerechnet werden. 

Praxisbeispiel: Wird ein Einzelunternehmen mit 120.000 Euro Gewinn verkauft, so wird hiervon zunächst der Freibetrag abgezogen. Der zu versteuernde Gewinn liegt nunmehr bei 75.000 Euro. Dieser wird, wenn die oben angeführten Bedingungen gegeben sind, mit dem ,,halben‘‘ Steuersatz versteuert. Wenn der Unternehmer keine nennenswerten weiteren Einkünfte hat, beläuft sich der durchschnittliche Steuersatz auf ca. 30 %. Der „halbe“ Steuersatz mit 56 % führt zu einer Besteuerung mit der Einkommensteuer in Höhe von 16,8 %.

Zusammenfassung

Wir können festhalten, dass es bei der Unternehmensnachfolge mehrere Gestaltungsvarianten gibt, mit denen eine Steuervergünstigung erreicht werden kann. Ein Tipp, der für alle Beteiligten gilt, ist der, dass frühzeitig die geeignete Rechtsform für die Unternehmensübertragung gefunden werden sollte. Umwandlungen können Sperrfristen von bis zu 7 Jahren auslösen. Auch deswegen sollte die Nachfolge mit Weitblick geplant werden. Der potenzielle Nachfolger sollte bei Möglichkeit an den Geschäftsbetrieb herangeführt werden, sodass im Idealfall ein gleitender Übergang im Unternehmen erfolgen kann.

Während dem Planungsprozess empfiehlt sich auch die Entwicklung eines ,,Notfallkoffers‘‘, mit dem bei unerwartetem Ausfall des Unternehmers die Geschäftsführung aufrechterhalten werden kann

Bei der Übertragung soll ein geeigneter Vertreter gefunden, zukünftige Ziele definiert, Übergabe- und Zahlungsmodalitäten geklärt und auch Erbansprüche geregelt werden.

Dies bei der Entscheidung zur Unternehmensübertragung zu bedenken, kann einem durch einen geplanten und durchdachten Ablauf des gesamten Prozesses in vielerlei Hinsicht Vorteile bringen.

Wir empfehlen den Unternehmensgebern / Unternehmengerbinnen sich von Experten / Expertinnen mit einer großen Erfahrung auf diesem Gebiet begleiten zu lassen.

Änderungen des Arbeitsvertrags vor und nach der Unternehmensnachfolge

Im Zuge einer Unternehmensnachfolge stellen sich zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen. Von Interesse ist oft, ob Arbeitsverträge vor oder nach dem Betriebsübergang geändert werden dürfen – oder gar müssen. Wir geben dazu einen Überblick.

In unserem anderen Beitrag zum Betriebsübergang erfahren Sie, wann im Zuge der Unternehmensnachfolge gekündigt werden darf und was ein Betriebsübergang genau ist.

Inhalt

1. Muss der Arbeitsvertrag nach dem Betriebsübergang geändert werden?

2. Ist eine Änderung des Arbeitsvertrages vor dem Betriebsübergang möglich?

3. Ist eine Änderung des Arbeitsvertrages nach dem Betriebsübergang möglich?

4. Fazit

1. Muss der Arbeitsvertrag nach dem Betriebsübergang geändert werden?

Der Nachfolger übernimmt grundsätzlich die Arbeitnehmer des Betriebs mitsamt ihren bestehenden Arbeitsverträgen. So schreibt es das Gesetz vor. Die Arbeitsverträge bleiben, wie sie sind – lediglich der Arbeitgeber ändert sich. Geregelt ist dies in § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Es ist also in aller Regel nicht zwingend erforderlich, dass die Arbeitsverträge im Nachfolgeunternehmen geändert werden. Natürlich bietet sich dies dennoch in vielen Fällen an, weil der Nachfolger abweichende Vorstellungen hinsichtlich der Arbeitsbedingungen etc. hat. Dazu ist allerdings das Einverständnis des Arbeitnehmers notwendig! 

Achtung: Der Gestaltungsfreiheit sind Grenzen gesetzt, soweit es um die Änderung von kollektiv-rechtlichen Bestimmungen geht, sprich: Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Diese dürfen nur in den engen Grenzen des § 613a Abs. 1 BGB geändert bzw. ersetzt werden. 

2. Ist eine Änderung des Arbeitsvertrages vor dem Betriebsübergang möglich?

Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich – wie für Verträge üblich – grundsätzlich einigen, wie sie möchten. Das gilt auch kurz vor einem Betriebsübergang. In der Praxis wird dafür ein sogenannter Änderungsvertrag aufgesetzt. Darin werden die einzelnen Punkte aufgeführt, die zu ändern sind, sodass der ursprüngliche Arbeitsvertrag im Großen und Ganzen bestehen bleibt.

Nicht selten kommt es zur Unternehmensnachfolge, weil der alte Arbeitgeber aufgrund finanzieller Schwierigkeiten seinen Betrieb verkaufen muss (distressed buy-out). Um den Erwerb des Betriebs für Interessenten attraktiv zu machen, senken einige Arbeitgeber die Arbeitsentgelte. Solche Vereinbarungen sind wirksam, wie das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2015 bestätigt hat (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 11.03.2015 – 3 Sa 128/14). Denn Arbeitgeber und Arbeitnehmer seien sich schließlich über die Änderung einig. Insbesondere § 613a BGB stehe der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen per se nicht entgegen. Etwas anderes könne sich ergeben, wenn Arbeitnehmer zum Unterschreiben einer solchen Änderung gedrängt würden.

Dem Arbeitnehmer A wird vom bisherigen Arbeitgeber vorgespiegelt, dass er nur übernommen werde, wenn er der Lohnkürzung zustimme. Allerdings ist kein Kündigungsgrund ersichtlich und der Arbeitsvertrag geht ohnehin gem. § 613a BGB automatisch über. Die Drohung ist also unberechtigt.

Die Gerichte sehen außerdem solche Vereinbarungen als problematisch an, die schon entstandene Rechte des Arbeitnehmers beseitigen sollen. Was hier möglich ist, hängt stark vom Einzelfall ab.

Der Veräußerer möchte den Arbeitsvertrag der Arbeitnehmer ändern, um den Verkaufsbedingungen des Nachfolgers gerecht zu werden. Die Arbeitnehmer sollen in diesem Zuge auf ihre bereits erworbene Urlaubsgeldansprüche verzichten. Das Bundesarbeitsgericht entschied in einem solchen Fall, dass der Änderungsvertrag unwirksam sei (BAG, Urt. v. 19.03.2009 – 8 AZR 722/07 5)

3. Ist eine Änderung des Arbeitsvertrages nach dem Betriebsübergang möglich?

Auch hier gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Arbeitnehmer und Unternehmensnachfolger können den Arbeitsvertrag auch kurz nach dem Betriebsübergang ändern. Kommt es aber nicht zu einer einvernehmlichen Änderung, gilt der bisherige Arbeitsvertrag fort.

 

Es gelten grundsätzlich dieselben Einschränkungen wie vor dem Betriebsübergang. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht zuletzt offengelassen, ob es heute nach wie vor den Verzicht auf bereits entstandene Rechte unterbinden würde (BAG, Urt. v. 07.11.2007 – 5 AZR 1007/06).

Ob im Zuge der Unternehmensnachfolge Arbeitsverträge geändert werden dürfen, hängt stark vom Einzelfall ab. Daher sollte das Vorgehen in jedem Fall mit einem Rechtsanwalt besprochen werden, der in Fragen der Unternehmensnachfolge erfahren ist.

4. Fazit

  • Ein Betriebsübergang zwingt nicht zu einer Änderung der Arbeitsverträge.

  • Arbeitnehmer und Arbeitgeber können sich jedoch auf Änderungen einigen, auch wenn diese mit dem Betriebsübergang zusammenhängen und nachteilig für den Arbeitnehmer sind.

  • Inhaltliche Einschränkungen können insbesondere bestehen, wenn bereits entstandene Rechte des Arbeitnehmers aufgehoben werden.

Niels Garbe, LLM. (Aberdeen) ist Partner bei der Kanzlei Ahlbory Garbe und Partner. Seit 2007 ist er Fachanwalt für Arbeitsrecht. Herr Garbe berät und unterstützt Sie bei der Unternehmensnachfolge gerne bei allen arbeitsrechtlichen Fragestellungen im Rahmen der Betriebsübernahme, bzw. des Betriebsübergangs sowie bei der Gestaltung von Arbeits-, Anstellungs- und Aufhebungsverträgen, Kündigungen, Versetzungen, usw. Sprechen Sie Niels Garbe, LLM. (Aberdeen) gerne direkt an, wenn Sie in einem dieser Bereiche Gesprächsbedarf haben.